Teil 24

Die Schatullenmelodie wurde ganz langsam immer lauter, auch die seltsamen Paradiesvögel in der Krone des Baumes lauschten derselben und stellten ihren eigenen Gesang ein. Die Melodie klang erst ein wenig indisch, hatte zwischenzeitlich Phasen chinesischen Einschlags, die einige Anwesende an ihren letzten Besuch beim Chinamann erinnerten und immer wieder extrem schräge Töne, die wiederum an einen Besuch beim Zahnarzt denken ließen und zwar nicht an die Vorsorgeuntersuchung, sondern an den Spaß mit dem Bohrer. Alles erstarrte mal wieder und wurde von einer geisterhaften Kraft gezwungen, nicht nur den sonderbaren Tönen zu lauschen, sondern auch in die geöffnete Schatulle zu sehen, aus der die Musik erscholl. Es leuchtete leicht bläulich, dann immer intensiver und wurde zu einem Blinken. Auch die Musik begann schriller zu werden, es wurde zu einem sirenenartigen Heulen, das fast unerträglich laut wurde. Auch das flackernde blaue Licht brannte beinahe in den Augen.
„Kommen Sie zu sich!“, schreit jemand Heinzer ins Gesicht, „Aufwachen!!“ Träge und unter größten Qualen versucht Heinzer seine Augen zu öffnen, bekommt aber gerade mal Sehschlitze zustande. Das hängt zum einen mit seiner Verfassung zusammen und zum anderen an dem verflucht hellen Blinklicht in seiner unmittelbaren Umgebung. „Können Sie mich hören? Antworten Sie!“ wird er gerade von einem ulkig gekleideten Mann mit Reflektorapplikationen an der Jacke angebrüllt, der ihm irgendwie bekannt vorkommt. Allerdings kriegt der gute Heinzer lediglich ein: „ähhh“ heraus. „Wie heißen Sie man? Können Sie mich verstehen?“ „Was denk sich denn der Spinner“, geht es Heinzer durch den Kopf, „natürlich kann ich Dich verstehen. Nur reden geht grad’ nicht.“ Also lässt er noch ein energischeres: „ähhh-ääähh“ entweichen. Außerdem wird ihm in dem Moment bewusst, dass der Typ tierisch auf seiner Brust am rummachen war und offenbar ist. „Ist das hier irgendeine Freakshow, oder was?“ Heinzer ist überaus irritiert und einigermaßen angenervt. „Was geht hier eigentlich vor, was ist hier los? Was macht der Typ mit mir? Das ewige Anschreien ist schon ziemlich anstrengend. Ich würde jetzt lieber gemütlich abpoofen…“ und schon sind die Sehschlitze wieder geschlossen. „Bleiben Sie wach man!“ schreit ihn der Typ wieder an „kommen Sie zu sich! Nicht einschlafen!“ „Ach du scheiße, ich bin in Guantanamo Bay!“ schießt es Heinzer durch den völlig verwirrten Kopf „ich muss hier weg! – Dringend!“ Gedacht – getan, Heinzer macht das gute alte Klappmesser, bestens aus dem Sportunterricht bekannt, und überrascht damit nicht nur den Sanitäter, sondern auch seinen Körper der es ihm mit brutalen Schmerzen heimzahlt, so dass im Folgenden mit Heinzer erstmal nichts mehr los ist. Der ist außer Betrieb und wird vom Rettungsteam mit Mühe und Not, und haufenweise medizinischem Equipment mühevoll am Ableben gehindert. Mithelfen kann er nun nicht mehr, hatte er aber auch nicht vor… Während er sich leicht belustigt die Situation von oben ansieht, und über die interessante Perspektive sinniert, die es ihm ermöglicht sich selbst und das ganze Drumherum zu überblicken, bleibt sein Blick an dem aufdringlichen Sanitäter hängen. „Der kommt mir doch irgendwie bekannt vor,“ schießt es ihm durch seinen imaginären Kopf – der Echte liegt recht entspannt etwa zehn bis fünfzehn Meter unter ihm auf dem Boden, „die Hackfresse mit der Warze habe ich doch schon mal irgendwo gesehen!“ und als er spürt, wie er seine Arschbacken weit unter ihm zusammenkneift, klingelt es bei ihm: „Die Ledertucke! Ach Du scheiße, ich muss zurück!!“ Doch bevor ihm das gelingt, erhascht er noch einen Blick über das Schlachtfeld unter ihm. Da sind noch einige andere Sanitäter an verschiedenen leblosen Körpern zugange. Ein vollkommen zerstörtes Wrack, das eventuell mal ein Lada Niva gewesen sein könnte befindet sich auf der einen Seite der Straße und in entgegen gesetzter Richtung ragt noch das letzte Viertel eines Hummer aus einer ehemaligen Schaufensterscheibe. Und kurz bevor er in seinen Körper zurückschießt sieht er noch seinen Kumpel auf dem Asphalt, bei dem ganz offensichtlich alle Knochen im Körper gebrochen sind, da seine Extremitäten in allen erdenklichen Formen verdreht sind. Schlimmer als die verbogenen Arme und Beine ist aber das, was da zwischen seinen Beinen steckt und ziemlich sicher für einen schönen Eiersalat gesorgt haben wird. Es blieb Heinzer aber keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn nur Bruchteile von Sekunden später war er wieder in seinem eigenen desolaten Köper und wurde von unglaublichen Schmerzen begrüßt. Die Probleme, die er mit der Ledertucke haben könnte, sind in diesem Moment absolut unwichtig geworden. Immer, wenn ihm für kurze Zeit ein Gedanke darüber, was das Ledermännchen mit ihm anstellen könnte, durch die Reste seines Hirns schoss, dachte er nur: „…tu was Dir gefällt…“…

[weiter mit Teil 25]

 

 

 

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